Gesundheitsgespräche im Fehlzeitenmanagement

Wann sollte ich mit meinem Mitarbeiter sprechen?

Vor über einer Woche aktualisiert

Ein erfolgreiches Fehlzeitenmanagement besteht immer aus mehreren ineinandergreifenden Komponenten.

Hierzu zählt zunächst ein systematisches Case Management, um vereinzelten Kurzzeiterkrankungen zu begegnen.

Hieran schließt sich ein Betriebliches Eingliederungsmanagement an, um gehäuften Kurzzeiterkrankungen sowie Langzeiterkrankungen entgegenzuwirken.

Verschiebt sich das individuelle Gesundheit-Krankheits-Kontinuum immer weiter Richtung Krankheit, so sind die Möglichkeiten eines Outplacements zu prüfen.

Durch systematische und regelmäßige Ansprache Ihres Mitarbeiters können Sie zukünftigen Fehlzeiten effektiv vorbeugen.


Gesprächsführung im Rahmen des Case Management

Die verschiedenen Gesprächsanlässe dienen vor allem der Gesundheitsprävention. Es sollen in diesem Kontext also vor allem wirksame Maßnahmen ergriffen werden, bevor sich Fehlzeiten eines Mitarbeiters ausweiten und häufen.

Begrüßungsgespräch

Grundsätzlich führen Sie als Führungskraft nach jeder einzelnen Arbeitsunfähigkeit ein Begrüßungsgespräch mit Ihrem Mitarbeiter. Signalisieren Sie in diesem Gespräch Ihre Freude darüber, dass der Mitarbeiter zurück am Arbeitsplatz ist und Sie ihn vermisst haben.

Kernbotschaften des Begrüßungsgespräches:

  • Freuen Sie sich, dass der Mitarbeiter wieder da ist

  • Erkundigen Sie sich nach möglichen Einschränkungen oder Unterstützungsbedarfen

  • Bringen Sie den Mitarbeiter auf den aktuellen Stand

  • Zeigen Sie, dass Sie die Fehlzeit bemerkt haben

Tipps zum Begrüßungsgespräch:

  • Auch wenn Ihr Mitarbeiter im Urlaub war, sollten Sie ein Begrüßungsgespräch führen und Ihren Mitarbeiter auf den aktuellen Stand bringen.

  • Das Begrüßungsgespräch wird unmittelbar nach der Rückkehr des Mitarbeiters an seinen Arbeitsplatz geführt.

  • Arbeiten Sie oder Ihr Mitarbeiter remote bzw. im Außendienst, so nutzen Sie statt einem Telefonat bestmöglich einen Video-Anruf für das Begrüßungsgespräch. So können Sie auch eine möglicherweise inkongruente Gestik und Mimik Ihres Mitarbeiters erfassen und ggf. hierauf eingehen.

  • "Wenn ich mit jedem Mitarbeiter der gefehlt hat sprechen würde, dann würde ich ja den ganzen Tag nur Gespräche führen." Ähnliche Aussagen treffen Führungskräfte häufig, wenn es um das Begrüßungsgespräch geht. Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie aufgrund des hohen Krankenstandes in Ihrem Verantwortungsbereich die notwendige Anzahl an Begrüßungsgesprächen nicht durchführen können, ist dies ein eindeutiger Indikator dafür, dass Sie als Führungskraft handeln müssen, um langfristig eine positive Veränderung zu bewirken. Führen Sie auch im Angesicht eines hohen Aufwandes mit jedem Mitarbeiter ein Begrüßungsgespräch. Dies nicht zu tun bedeutet vor allem, dass Sie Ihren Aufgaben als Führungskraft nicht gerecht werden und stillschweigend die Fehlzeiten des Mitarbeiters akzeptieren.

  • Manche Führungskräfte haben das Gefühl, ihrem Mitarbeiter "etwas vorspielen" zu müssen, wenn sie ihm im Begrüßungsgespräch signalisieren sollen, dass Sie sich über die Rückkehr des Mitarbeiters an seinen Arbeitsplatz freuen. Wenn Sie Ihrem Mitarbeiter jedoch nicht ernsthaft und authentisch signalisieren können, dass Sie ihn am Arbeitsplatz vermisst haben, sollten Sie die weitere Zusammenarbeit mit Ihrem Mitarbeiter überdenken. Gleichermaßen sollten Sie jedoch auch sich selbst als Führungskraft hinterfragen und prüfen, ob Sie auch Ihrer Rolle als "Leader" gerecht werden.


Fehlzeitengespräch

Treten wiederholte oder auffällige Fehlzeiten auf, führen Sie mit Ihrem Mitarbeiter ein Fehlzeitengespräch. Sie besprechen sachlich die Situation und vereinbaren konkrete Maßnahmen, um zukünftige Fehlzeiten zu vermeiden.

Kernbotschaften des Fehlzeitengespräches:

  • Zeigen Sie, dass Sie die Fehlzeit bemerkt haben

  • Sie beschreiben sachlich ohne zu bewerten

  • Sie vereinbaren konkrete Maßnahmen mit dem Mitarbeiter

  • Sie erzeugen Verbindlichkeit

Tipps zum Fehlzeitengespräch:

  • Sind sehr viele Mitarbeiter im Hinblick auf Ihre Fehlzeiten auffällig, so priorisieren Sie Ihre Gesprächsführung anhand des Bradford-Faktors. Errechnen Sie für jeden Mitarbeiter den individuellen Bradford-Score und sprechen Sie zuerst mit den Mitarbeitern, welche den höchsten Bradford-Score aufweisen.

  • Nehmen Sie den Druck raus und formalisieren Sie das Gespräch nicht übermäßig. Sie wollen kein Fehlzeitengespräch führen, um Ihre Prozesse zum Fehlzeitenmanagement zu erfüllen. Vielmehr wollen Sie mit Ihrem Mitarbeiter gemeinsam erreichen, dass sich seine Fehlzeiten reduzieren. Dies erfordert, dass Sie sich als Führungskraft nicht hinter Ihrer Prozessdokumentation verstecken, sondern präsent sind und sich aktiv mit Ihrem Mitarbeiter auseinandersetzen.

  • Überlassen Sie bei Entscheidungen, welche für Sie als Führungskraft nicht von Bedeutung sind, Ihrem Mitarbeiter die Führung. Lassen Sie zum Beispiel Ihrem Mitarbeiter die Wahl, wo er sich gerne mit Ihnen zum Gespräch treffen möchte. So fragen Sie zum Beispiel: "Möchten Sie, dass ich morgen zu Ihnen an den Platz komme, oder möchten Sie lieber zu mir ins Büro kommen?" Unterlassen Sie es, Ihren Mitarbeiter "in Ihr Büro zu zitieren". Dies zeugt nicht von Kompetenz, sondern vor allem von eigener Unsicherheit. Sie wollen Ihren Mitarbeiter nicht dominieren, sondern ihn wieder als Spieler für Ihr Team gewinnen.

  • Sorgen Sie für eine angenehme Atmosphäre und bauen Sie durch einen guten Rapport eine Verbindung zu Ihrem Mitarbeiter auf. Hierfür bietet sich zunächst ein Smalltalk an, um gemeinsam warm zu werden. Als gute Führungskraft kennen Sie die beruflichen und privaten Interessen Ihres Mitarbeiters und finden somit einen leichten Einstieg.

  • Grundsätzlich sollten Sie immer zunächst davon ausgehen, dass die Fehlzeiten Ihres Mitarbeiters das Ergebnis Ihrer Führung sind. Daher tragen Sie auch die Verantwortung eine entsprechende Veränderung herbeizuführen. Die Verantwortung hierfür alleinig dem Mitarbeiter zuzuschreiben bedeutet gleichwohl, dass Sie die Fehlzeiten stillschweigend akzeptieren.

  • Unterlassen Sie es, Ihrem Mitarbeiter Vorschläge für mögliche Maßnahmen zu machen. Fordern Sie stattdessen konkrete Vorschläge von Ihrem Mitarbeiter ein, sodass dieser sich aktiv in den Prozess einbringt. Seien Sie sich jedoch bewusst, dass auch Sie als Führungskraft möglicherweise Veränderungen in Ihrem Führungsverhalten oder am Arbeitsplatz vornehmen müssen. Ebenso können Sie selbst Teil des Problems sein.

  • Machen Sie nach dem Gespräch für sich persönlich Notizen mit den wichtigsten Informationen. Bei einem Fehlzeitengespräch handelt es sich um ein vertrauliches Gespräch. Die Daten und Informationen sollten Sie daher sensibel behandeln und in keinem Fall weitergeben. Auch eine Notiz in der Personalakte ist nicht erforderlich. Andere Mitarbeiter würden schnell erfahren, wenn Sie vertrauliche Informationen weitergeben. Sie würden sich dadurch ansonsten in Zukunft die Chance auf weitere vertrauliche Gespräche mit Ihren Mitarbeitern verbauen.


Anerkennungsgespräch

Mitarbeitern, welche keine Fehlzeiten hatten, drücken Sie Ihren Dank im Rahmen eines Anerkennungsgespräches aus.

Kernbotschaften des Anerkennungsgespräches:

  • Bedanken Sie sich bei dem Mitarbeiter persönlich für seinen Arbeitseinsatz

  • Zeigen Sie, dass Sie die permanente Anwesenheit bemerkt haben

Tipps zum Anerkennungsgespräch:

  • Ein Anerkennungsgespräch führen Sie immer persönlich von Angesicht zu Angesicht.

  • Geben Sie Ihrem Mitarbeiter insbesondere ein zusätzliches Feedback, in welchem Sie besonders die positiven Aspekte und Ergebnisse der Zusammenarbeit hervorheben. Sie konzentrieren sich also nicht nur auf die bloße Anwesenheit, sondern vor allem auf die Leistungen des Mitarbeiters.

  • Beschreiben Sie ganz genau, mit welcher Leistung, welchem eingehaltenen Ziel und welcher Verhaltensweise Sie zufrieden sind. Damit geben Sie Ihren Mitarbeitern Orientierung. Vermeiden Sie allgemeine oder nicht eindeutige Formulierungen wie „weiter so“ oder “wir kommen der Sache näher“.


Überführung in das Betriebliche Eingliederungsmanagement

Konnten im Rahmen des Case Management keine wesentlichen Veränderungen erzielt werden, so ist bei Erreichen einer Fehlzeit von 30 Arbeitsunfähigkeitstagen in den zurückliegenden 12 Monaten ein gesetzlich vorgeschriebenes Betriebliches Eingliederungsmanagement einzuleiten.

In vielen Unternehmen wird bislang kein systematisches Case Management durchgeführt. Erreicht Ihr Mitarbeiter nun jedoch das Auslösekriterium für ein Betriebliches Eingliederungsmanagement und Sie stellen fest, dass die angefallenen Fehlzeiten vor allem auf einer Vielzahl von Kurzzeiterkrankungen beruhen, so ist auch festzuhalten, dass Sie Ihren Aufgaben als Führungskraft nicht in ausreichendem Maße nachgekommen sind.

Denn handelt es sich bei einer Fehlzeit nicht um eine plötzlich eingetretene ununterbrochene Fehlzeit, wie es zum Beispiel bei schweren Krankheitsverläufen oder plötzlich eingetreten Unfällen zu beobachten ist, so gab es in der Regel bei den meisten Mitarbeitern diverse präventive Gesprächsanlässe in Form von Begrüßungsgesprächen und Fehlzeitengesprächen, welche Sie untätig haben verstreichen lassen.

Haben Sie diese Verantwortung bisher nicht wahrgenommen, so muss nun im Betrieblichen Eingliederungsmanagement versucht werden, dieses Führungslücke wieder zu schließen.

Stellen Sie als Führungskraft also zunächst sicher, dass dem Mitarbeiter nun ein Betriebliches Eingliederungsmanagement angeboten wird und ggf. weitere Beteiligte hinzugezogen werden können.

Ihre Aufgabe als Führungskraft besteht vor allem darin, den Prozess der Wiedereingliederung zu begleiten und den Mitarbeiter aktiv zu unterstützen.


Outplacement-Gespräch

Ein betriebliches Eingliederungsmanagement ist kein Kündigungsinstrument. Der Gesetzgeber hat dies klar definiert, in dem er beschreibt, dass ein Betriebliches Eingliederungsmanagement dazu dient, bestehende Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten. Ein Betriebliches Eingliederungsmanagemen ist daher sogar eine Kündigungsprophylaxe.

Entsprechend ist der Prozess des Outplacement hiervon streng abzugrenzen, um gar nicht erst den Verdacht in Ihrem Unternehmen aufkommen zu lassen, dass ein BEM-Verfahren das Ziel einer krankheitsbedingten Kündigung haben könnte. Durch ein solches Verhalten verbauen sich Arbeitgeber vor allem die Chance zukünftig Mitarbeiter im Rahmen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagement erfolgreich wiedereingliedern zu können. Denn natürlich sinkt die Akzeptanz für ein BEM seitens der Mitarbeiter rapide, wenn hierin der nächste Schritt auf dem Weg zur Kündigung vermutet werden muss.

Gleichwohl stellt sich vermehrt im Betrieblichen Eingliederungsmanagement heraus, dass es möglicherweise keine gemeinsame Zukunft mit dem Mitarbeiter gibt. Ein Grund hierfür kann darin liegen, dass Sie nicht mehr von dem Mitarbeiter und seinen Leistungen überzeugt sind und auch zukünftig keine Veränderung zu erwarten ist. Ebenso kann es sein, dass der Mitarbeiter ebenfalls kein Interesse mehr an einer Zusammenarbeit hat, jedoch aufgrund wirtschaftlicher Verpflichtungen im ungeliebten Job verweilt.

Wenn Ihnen klar ist, dass keine gemeinsame Zukunft mit dem Mitarbeiter möglich ist, dann streben Sie ein Outplacement an.

Streben Sie eine Beendigung der Zusammenarbeit an, wenn Zweifel an der Zusammenarbeit bestehen. Denn genau so wie es zu Ihren Fürsorgepflichten als Unternehmer und Führungskraft gehört ein Betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, so gehört es im Zweifelsfall auch zu Ihren Pflichten gegenüber der Unternehmensgesellschaft einen Mitarbeiter freizusetzen, welcher nicht zum Unternehmenserfolg beitragen kann oder will.

Sie wünschen sich in Ihrem Unternehmen motivierte und engagierte Mitarbeiter, welche sich für den Erfolg des Unternehmens einsetzen. Zu Ihren Aufgaben gehört es daher auch für ein kollegiales Umfeld zu sorgen, in dem Leistungsträger nicht permanent von Minderleistern negativ beeinflusst werden.

Tolerieren Sie Minderleistung, so wird sich dies schnell auch auf Ihre restlichen Mitarbeiter auswirken, da Sie Minderleistung oder andere ungewünschte Verhaltensweisen kultivieren. Seien Sie konsequent und ziehen Sie einen Schlussstrich.

Nur in sehr seltenen Fällen stellt sich im Betrieblichen Eingliederungsmanagement tatsächlich heraus, dass für den Mitarbeiter eine extrem negative Gesundheitsprognose besteht, also eine Weiterbeschäftigung schlichtweg nicht möglich wäre. Versuchen Sie also gar nicht erst eine krankheitsbedingte Kündigung zu forcieren, wo hauptsächlich motivatonale Faktoren eine Rolle spielen.

Vermeiden Sie Rechtsstreitigkeiten, in dem Sie stattdessen die zukünftige Perspektive des Mitarbeiters intensiv herausarbeiten und alle Möglichkeiten des Outplacements ausschöpfen. Hierzu kann kann unter anderem eine Umschulung oder Versetzung, eine fristgerechte Kündigung, ein Abfindungsangebot, eine Outplacement-Beratung, Altersteilzeit und ähnliche Möglichkeiten dienen.


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Hannes Rehbein, Geschäftsführung

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