Beantragung von Sonderurlaub

Wann können Arbeitnehmer einen Sonderurlaub beantragen?

Vor über einer Woche aktualisiert

Grund­regeln für den Sonder­urlaub

Grundsätzlich gilt, wenn Arbeitnehmer unverschuldet bei der Arbeit fehlen, ist dies kein Urlaub. Dies gilt zum Beispiel, wenn die Part­nerin ein Kind bekommt, ein Arbeitnehmer aus betriebs­bedingten Gründen umzieht oder ein naher Verwandter stirbt. Arbeitnehmer müssen dafür keinen regulären Urlaubs­tag in Anspruch nehmen, sondern bekommen bezahlten Sonder­urlaub. Denn der reguläre Urlaub soll der Erholung dienen.

Es gilt also zu klären, in welchen Fällen ein gesetzlich geregelter Sonderurlaub beantragt werden kann.

Sonder­urlaub bei vorüber­gehender Verhinderung

§ 616 des Bürgerlichen Gesetz­buches (BGB) regelt, dass Arbeitnehmer bei Bezahlung frei­gestellt werden müssen, wenn sie unver­schuldet nicht zur Arbeit kommen können, weil sie vorüber­gehend verhindert sind. Eine Erkrankung des Arbeitnehmers ist damit nicht gemeint. Für diese Fälle gilt das Entgelt­fortzahlungs­gesetz.
Vielmehr erfasst der § 616 BGB Situationen, in denen es dem Arbeitnehmer nicht möglich oder zumut­bar ist, bei der Arbeit zu erscheinen: Die eigene Eheschließung, die Geburt eines Kindes oder der Tod eines nahen Angehörigen gehören dazu. Arbeit­geber können dieses Recht vertraglich ausschließen oder eingrenzen. Dann gilt die Regelung im Arbeits­vertrag.

Bezahlten Sonder­urlaub gibt es nicht, wenn äußere Umstände dazu führen, dass der Arbeitnehmer nicht bei der Arbeit erscheinen kann, beispiels­weise wegen einer Natur­katastrophe oder eines Bahn-Streiks. Anders ist es, wenn der Beschäftigte direkt von dem äußeren Umstand betroffen ist, weil zum Beispiel sein Haus über­schwemmt wurde. Dann gibt es Sonder­urlaub.

Dauer des Sonder­urlaubs

Die Dauer des bezahlten Sonder­urlaubs ist im Bürgerlichen Gesetz­buch nicht fest­gelegt. In der Regel sind es ein oder mehrere Tage. Es hängt häufig davon ab, in welchem Arbeits­verhältnis sich der Arbeitnehmer befindet. Ein Mitarbeiter, der für ein halbes Jahr befristet beschäftigt ist, wird wahrscheinlich für einzelne Ereig­nisse weniger Sonder­urlaubs­tage bekommen als jemand, der seit zwanzig Jahren in einem Unternehmen arbeitet. Der gesetzliche Urlaubs­anspruch bleibt trotz des Sonder­urlaubs bestehen und kann nicht gekürzt werden. Tritt ein Ereignis wie ein plötzlicher Todes­fall ein, während der Arbeitnehmer sich gerade im Urlaub befindet, hat er aber keinen Anspruch auf Sonder­urlaub.


Sonder­urlaub zur Geburt des Kindes

Eine Geburt ist ein klassischer Fall für bezahlten Sonder­urlaub. Sitzt ein Mann im Büro und bekommt von seiner Frau den Anruf, dass sein Kind jeder Zeit kommt, kann er natürlich nicht alles sofort stehen und liegen lassen. Ein Gemüsehändler kann seinen Laden ebenso wenig verlassen wie ein Lehrer seine Klasse.
Der Arbeitgeber sollte daher recht­zeitig von der bevor­stehenden Geburt informiert werden, ebenso die Kollegen. So können sich alle absprechen und die Vertretung regeln. Der Anspruch auf Sonder­urlaub gilt allerdings oft nicht für die Geburt unehelicher Kinder. Der Arbeitnehmer müsste das zuvor mit seinem Arbeit­geber klären.


Sonder­urlaub zur Pflege eines kranken Kindes

Finanzielle Unterstützung der Krankenversicherung

Eltern dürfen zu Hause bleiben, wenn ihr Kind krank ist. Ob sie dafür bezahlten Sonder­urlaub bekommen, hängt von ihrem Arbeits­vertrag ab. Oft regeln Arbeit­geber, dass ihre Mitarbeiter lediglich frei­gestellt werden, wenn sie bei einem kranken Kind zu Hause bleiben und ein ärzt­liches Attest vorlegen können. Eine Vergütung gibt es nicht. In diesem Fall unterstützt allerdings die gesetzliche Kranken­versicherung. Statt des Gehalts zahlt diese Kinder­krankengeld.

Die gesetzliche Kranken­versicherung zahlt, wenn der Arzt bescheinigt, dass das Kind zu Hause betreut werden muss und keine andere im Haushalt lebende Person diese Aufgabe über­nehmen kann. Außerdem muss das erkrankte Kind jünger als zwölf Jahre alt sein.

Dauer des Sonder­urlaubs zur Pflege eines kranken Kindes

Sind Eltern und Kind gesetzlich kranken­versichert, können sich Beschäftigte direkt an ihre Krankenkasse wenden. Nach Paragraf 45 des Sozialgesetz­buches V darf jeder beschäftigte Eltern­teil für die Betreuung seines kranken Kindes 10 Tage im Jahr freinehmen, Allein­erziehende sogar 20 Tage. Wer zwei oder mehr Kinder hat, dem stehen auch mehr Tage zur Verfügung. Es gilt jedoch eine Ober­grenze: Diese liegt bei 25 Arbeits­tagen pro Eltern­teil, bei Allein­erziehenden bei 50 Tagen.


Sonder­urlaub zur Pflege von Angehörigen

Erkrankt ein Familien­mitglied und benötigt Pflege oder wird plötzlich zum Pflegefall, kann der Arbeitnehmer dafür einen Tag Sonder­urlaub nehmen. Auch zehn Tage kurzzeitige Pflege, zum Beispiel um eine dauer­hafte Pflege zu organisieren, sind möglich, dann meist unbe­zahlt. Der Arbeit­geber kann ein ärzt­liches Attest verlangen, das bescheinigt, dass die betreffende Person die Hilfe des Angehörigen benötigt.

Kurz­zeit­pflege­zeit

Als nahe Angehörige gelten Groß­eltern, Eltern, Geschwister, Ehepartner, einge­tragene Lebens­partner sowie Partner einer eheähnlichen Lebens­gemeinschaft. Kinder, Schwieger­kinder, Enkel­kinder zählen ebenso dazu wie Adoptiv- und Pflege­kinder. Pflege­zeit gibt es auch, um pflegebedürf­tige Kinder oder Geschwister des Ehepart­ners oder Lebens­gefährten zu betreuen. Wird das Gehalt während der Kurz­zeit­pflege­zeit nicht weiterbezahlt, kann der Beschäftigte bei der Pflegekasse des Familien­mitglieds einen Antrag auf Pflege­unterstüt­zungs­geld stellen, ebenfalls wieder mit einem Attest vom Arzt. Abge­deckt werden 90 Prozent des Netto­gehalts, der Höchst­betrag liegt bei 96,25 € pro Tag.

Dauer des Sonder­urlaubs zur Pflege von Angehörigen

Wer einen Angehörigen ab Pfle­gegrad 1 für eine längere Zeit pflegen möchte, kann dafür auch bis zu sechs Monate unbe­zahlten Sonder­urlaub nehmen. Das gilt in Unternehmen mit mehr als 15 Mitarbeitern. Die Pflege­zeit muss bis spätestens zehn Tage vor Beginn schriftlich beantragt werden. Dafür muss der Arbeitnehmer einen Bescheid der Pflegekasse oder des Medizi­nischen Dienstes der Krankenkassen über den Pfle­gegrad des Betroffenen vorlegen. Der Arbeit­geber kann dann nicht Nein sagen. In der sogenannten Pflege­zeit genießt der Arbeitnehmer Kündigungs­schutz. Dieser kann danach wieder an seinen Arbeits­platz zurück­kehren. Es ist auch möglich, während der Pflege­zeit weniger Stunden zu arbeiten. Der Arbeitgeber kann das nur ablehnen, wenn betriebliche Belange dagegen stehen. Um die Gehalts­einbußen zu kompensieren, kann das Bundes­amt für Familie und zivilgesell­schaftliche Aufgaben ein zins­loses Darlehen gewähren. Die Höhe liegt bei mindestens 50 Euro und maximal 50 Prozent des Netto­gehalts.

Kranken- und Renten­versicherung

Wer in der sechs­monatigen Pflege­zeit nicht arbeitet, muss sich um seine Krankenversicherung kümmern. Die läuft nicht auto­matisch weiter. Gesetzlich Kranken­versicherte könnten sich in der Zeit beitrags­frei über die Familien­versicherung des Ehepart­ners versichern. Allein­stehende versichern sich freiwil­lig bei der Krankenkasse, bekommen aber einen Zuschuss, der ihre Kosten deckt. Einen Zuschuss für ihre Beiträge bekommen auch freiwil­lig Versicherte, die freiwil­lig versichert bleiben sowie privat Versicherte, die nicht von einer Familien­versicherung profitieren können. Den Zuschuss zahlt die Pflegekasse oder die private Pflege­versicherung der Pflege­person auf Antrag. Auch die Beiträge zur Renten­versicherung werden auf Antrag von der jeweiligen Pflegekasse über­nommen - sofern mindestens 14 Stunden pro Woche gepflegt wird. Die Arbeits­losen­versicherung läuft beitrags­frei weiter.

Familien­pflege­zeit

Wer mehr Zeit für die Betreuung eines Angehörigen braucht, kann im Rahmen der Familien­pflege­zeit für maximal 24 Monate seine Arbeits­zeit reduzieren. Eine Frei­stellung gibt es nicht. Die wöchentliche Arbeits­zeit muss mindestens 15 Stunden betragen, der Antrag muss bis acht Wochen vor Beginn vorliegen und das Unternehmen muss mehr als 25 Beschäftigte haben. Die Familien­pflege­zeit endet, wenn der Angehörige nicht mehr pflegebedürftig ist oder stationär gepflegt wird. Aber auch aus anderen Gründen kann der Pflegende vorzeitig auf die volle Stelle zurück­kehren. Es ist möglich, von der Pflege­zeit in die Familien­pflege­zeit zu wechseln. Der Antrag muss 3 Monate davor gestellt werden.


Sonder­urlaub für wichtige Termine

Manchmal ist es aus anderen Gründen unabding­bar, dass ein Arbeitnehmer nicht an seinem Arbeits­platz erscheinen kann.

Gerichtstermine

Wer zum Beispiel vor Gericht geladen ist und als Zeuge aussagen muss, kann Sonder­urlaub bekommen. Erhält der Arbeitnehmer dafür eine Zeugen­entschädigung und wird ihm der Verdienst­ausfall erstattet, muss der Arbeit­geber für den Tag keinen Lohn zahlen.

Arzt­besuche

Für Arzt­besuche gibt es keinen Sonder­urlaub, wenn im Unternehmen flexibel gearbeitet wird oder der Termin auf einen Zeitraum außer­halb der Arbeits­zeit gelegt werden kann. Gibt es keine Termine außer­halb der Arbeits­zeit, kann es im Einzel­fall bezahlten Sonder­urlaub geben. Keinen Sonder­urlaub gibt es in der Regel für Schön­heits-OPs und die anschließende Rekonvaleszenz­zeit.

Jobsuche nach Kündigung

Ist ein Arbeitnehmer gekündigt, kann er sich inner­halb der Kündigungs­frist auf die Suche nach einem neuen Job machen. Der Arbeit­geber muss ihm nach § 629 BGB bezahlten Sonder­urlaub zur Meldung bei der Agentur für Arbeit oder für Bewerbungs­gespräche gewähren.


Sonder­urlaub für Hoch­zeiten und Feiern

Für die eigene Hoch­zeit gibt es einen Tag bezahlten Sonder­urlaub. Dasselbe gilt für die Trauung der Eltern oder der Kinder, für die goldene Hochzeits­feier der Eltern oder für die Konfirmation oder Kommunion eines Kindes. All diese Ereig­nisse wurden von der Recht­sprechung als Anlass für eine bezahlte Frei­stellung anerkannt. Auch das 25- oder 40-jährige Arbeits­jubiläum zählt in der Regel als vorüber­gehende Verhinderung. Der Arbeitnehmer kann sich nach Absprache mit dem Arbeitgeber einen Tag freinehmen. Bei geplanten Ereig­nissen ist es ratsam, recht­zeitig mit dem Arbeitgeber über den Sonder­urlaub zu sprechen.


Sonder­urlaub anläss­lich eines Todes­falls

Stirbt ein naher Angehöriger wie zum Beispiel der Lebens­partner, die Eltern, Geschwister oder das eigene Kind, so hat der Arbeitnehmer in der Regel Anspruch auf zwei Tage Sonder­urlaub, nämlich am Todes­tag selbst und am Tag der Beerdigung. Nach Absprache mit dem Arbeitgeber können Angehörige auch mehr freie Tage erhalten, beispiels­weise wenn sie für die Beerdigung eine weite Reise antreten müssen. Der Arbeitgeber kann Hinterbliebene auch aus Kulanz unbe­zahlt frei­stellen, wenn sie keinen Anspruch auf Sonder­urlaub haben.


Sonder­urlaub als Recht

Betriebs­ver­einbarung

Steht nichts zum Sonder­urlaub im Arbeits­vertrag, lohnt es sich, in den Betriebs­ver­einbarungen oder im Tarif­vertrag nach­zusehen. Wer sich unsicher ist, kann sich zusätzlich in der Personalabteilung oder beim Betriebsrat informieren.

Fest­stellungs­klage

Wenn der Arbeitgeber den Sonder­urlaub zu Unrecht verweigert, kann der Arbeitnehmer sein Recht mit einer Fest­stellungs­klage gericht­lich einklagen. Hier empfiehlt sich ein Vorgespräch mit einem Anwalt. Hat der Arbeit­geber das Geld für die freien Tage vom Lohn abge­zogen, können die Mitarbeiter ihn auf Zahlung des fehlenden Lohnes verklagen.


Hier gibt es keinen Sonder­urlaub

Für Hoch­zeiten von Freunden und Beerdigungen außer­halb des engen Familienkreises gibt es regulär keinen Sonder­urlaub, auch nicht für Abitur- oder Studien­abschluss-Feiern des Kindes. Ehren­amtliche Tätig­keiten in privaten Vereinen oder Kandidaturen für öffent­liche Ämter zählen ebenfalls nicht.


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Johanna Riesenbeck, Geschäftsführung

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