Wenn ein Arbeitnehmer in Deutschland erkrankt, erhält dieser neben der medizinischen Versorgung auch im Hinblick auf die finanzielle Situation Unterstützung von verschiedenen Institutionen. Je nach Dauer der Arbeitsunfähigkeit stellt diese entweder den Arbeitgeber, die Krankenkasse, die Agentur für Arbeit oder die Deutsche Rentenversicherung dar.
Entgeltfortzahlung
Für die ersten 6 Wochen der Arbeitsunfähigkeit greift die Entgeltfortzahlung gemäß § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EntgFG) durch den Arbeitgeber. Das bedeutet, der Arbeitgeber zahlt weiterhin das vertraglich vereinbarte Entgelt, obwohl dieser im Gegenzug dazu keine Arbeitsleistung erhält.
Sollte der Arbeitgeber an einem möglichen Umlageverfahren U1 der Krankenkassen teilnehmen, kann dieser die Entgeltfortzahlungskosten teilweise wieder erstattet bekommen.
Krankengeld
Geht die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers jedoch über die 6 Wochen der Entgeltfortzahlung hinaus, übernimmt die Krankenkasse die finanzielle Absicherung des Arbeitnehmers und zahlt diesem üblicherweise ein Krankengeld aus. Dies gilt in der Regel für diejenigen Arbeitnehmer, deren Anspruch auf Krankengeld durch die Krankenkasse abgedeckt ist. Beispielsweise ist dies bei privat versicherten Arbeitnehmern nicht der Fall, sodass diese häufig eine Krankentagegeldversicherung abschließen und sich dann in solchen Fällen§ auf diese berufen können.
Die Höhe des Krankengelds ist gesetzlich vorgeschrieben. Dieses beträgt gemäß § 47 Sozialgesetzbuch V (SGB V) 70 % des Bruttoverdienstes, aber nicht mehr als 90 % des Nettoverdienstes des Arbeitnehmers. Der Geringere dieser beiden Werte wird dazu um die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung (z. B. Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung) gekürzt. Dabei werden die entsprechenden Beiträge direkt von der letztendlichen Krankengeldzahlung abgezogen.
Als Besonderheit werden zudem einmalig gezahlte Arbeitsentgelte zum Verdienst hinzugerechnet, sodass zum Beispiel Weihnachtsgeld oder auch Urlaubsgeld zugunsten des Arbeitnehmers bei der Berechnung des Krankengeldes berücksichtigt werden.
Aussteuerung
Wichtig zu wissen ist, dass das Krankengeld nicht für immer, sondern nur für einen gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraum gezahlt wird. Gemäß § 48 Sozialgesetzbuch V (SGB V) erhalten Versicherte das Krankengeld wegen derselben Krankheit für 78 Wochen (ca. 1,5 Jahre) innerhalb von 3 Jahren, gerechnet ab dem Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer daraufhin nicht verlängert. Bei dem Zeitraum ist es zudem nicht relevant, ob der Arbeitnehmer an einem Stück erkrankt oder die Krankheitszeiträume auseinanderliegen, in solchen Fällen werden die Zeiträume entsprechend zusammengerechnet.
Bei der Berechnung werden ebenso Zeiten mit eingerechnet, in denen der Anspruch auf Krankengeld ruht. Das ist zum Beispiel der Fall, solange der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder von der Agentur für Arbeit ein Arbeitslosengeld gezahlt wird. Ebenso ruht das Krankengeld während der Elternzeit. In der Regel gibt es für Arbeitnehmer deshalb nach den sechs Wochen Entgeltfortzahlung noch bis zu 72 Wochen Krankengeld. Ein neuer „3-Jahres-Zeitraum“ beginnt übrigens nur unter der Voraussetzung, wenn der Arbeitnehmer in der Zwischenzeit mindestens 6 Monate nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig und erwerbstätig war oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand.
Der wünschenswerte Verlauf ist natürlich die Genesung des Arbeitnehmers. Dieser erholt sich, wird wieder arbeitsfähig und kann nach einer entsprechenden Wiedereingliederung an seinen bisherigen Arbeitsplatz im Unternehmen zurückkehren.
Jedoch ist dies nicht immer der Fall, sodass nach 78 Wochen des Krankengeldbezuges seitens der Krankenkasse die „Aussteuerung“ eingeleitet wird. Das bedeutet ganz konkret, dass der Arbeitnehmer ab dem Zeitpunkt dann kein Krankengeld mehr beziehen kann und somit andere Institutionen wie beispielsweise die Agentur für Arbeit oder auch die Deutsche Rentenversicherung die finanzielle Unterstützung übernehmen. Je nach Alter, Schwere der Krankheit und individueller Zukunftsplanung des Arbeitnehmers werden dann unterschiedliche Möglichkeiten des Leistungsbezuges evaluiert, wie es nach der Arbeitslosenzeit für denjenigen weiter geht.
Organisatorischer Ablauf der Aussteuerung aus dem Krankengeld
Grundsätzlich nimmt die entsprechende Krankenkasse mindestens 3 Monate vor der möglichen Aussteuerung den Kontakt mit dem Arbeitnehmer auf und teilt diesem neben dem entsprechenden Aussteuerungsdatum auch Möglichkeiten zur weiteren Zukunftsplanung mit.
Zu diesen zählen vor allem:
Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt
Arbeitslosengeld
Medizinische Rehabilitation
Erwerbsminderungsrente
Renteneintritt
Der Arbeitnehmer hat sich dann bei der jeweiligen Institution, in der Regel der Agentur für Arbeit, zu melden und dort mit Hilfe einer Leistungsberatung den weiteren Weg zu klären.
Nahtlosigkeitsregelung
Die drohende Lücke zwischen Arbeitsfähigkeit und Aussteuerung aus dem Krankengeld kann durch das Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit gemäß § 145 Sozialgesetzbuch III (SGB III) überbrückt werden. Dabei handelt es sich um eine besondere Form des Arbeitslosengeldes, das solange gezahlt wird, bis die nachfolgende Leistung, wie zum Beispiel eine Erwerbsminderungsrente beginnt. Diese Regelung wird auch "Nahtlosigkeitsregelung" genannt.
Während des Bezugs dieses besonderen Arbeitslosengeldes besteht die Krankenversicherung fort. Die Beiträge werden dabei von der Agentur für Arbeit getragen.
Ebenso gilt der betroffene Arbeitnehmer weiterhin als beschäftigt: Das arbeitsrechtliche Arbeitsverhältnis bleibt auch weiterhin bestehen. Trotzdem muss sich der Arbeitnehmer arbeitslos melden und damit signalisieren, dass er das Direktionsrecht seines Arbeitgebers nicht mehr anerkennt.
Aussteuerung aus dem Krankengeld mit gleichzeitigem Altersteilzeitvertrag
Nachdem der Arbeitnehmer aus dem Krankengeld der Krankenkasse ausgesteuert ist, kann dieser ab dem Zeitpunkt gemäß der Nahtlosigkeitsregelung das Arbeitslosengeld beziehen, welches 60 % des Netto-Entgelts entspricht.
Arbeitslose ab 50 Jahren können dies sogar bis zu 24 Monate lang beziehen.
Findet die Aussteuerung im Rahmen einer vertraglich vereinbarten Altersteilzeit statt, so kann der Arbeitnehmer bis zum Ende der aktiven Phase das Arbeitslosengeld beziehen, sodass der Beginn der passiven Phase dann als entsprechende Maßnahme der Integration in den Arbeitsmarkt gesehen wird. Die Zeit nach der passiven Phase der Altersteilzeit muss dann wieder individuell betrachtet werden, ob diese direkt in die Rente mündet oder ob dann eine erneute Arbeitslosigkeit vorliegt.
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