Wenn Unternehmen Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheit umsetzen, stellt sich hierbei regelmäßig die Frage, ob zusätzlich zu den hierfür aufgewendeten Kosten auch Lohnsteuer abzuführen ist.
Liegen Maßnahmen der Gesundheitsförderung im „überwiegend eigenbetrieblichen Interesse“, sind die Aufwendungen des Arbeitgebers nicht als Arbeitslohn des Arbeitnehmers zu erfassen.
Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 21.11.2018 liegt ein eigenbetriebliches Interesse vor, wenn die Maßnahmen der Gesundheitsförderung keinen Entlohnungscharakter haben, sondern notwendige Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzungen sind.
Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie
Anlass,
Art und Höhe des Vorteils,
Auswahl der Begünstigten,
freie oder nur gebundene Verfügbarkeit,
Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner
besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck
ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann.
Um den Entlohnungscharakter von durchgeführten Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheit überhaupt verneinen zu können, ergibt sich aus der bestehenden Rechtssprechung für Projekte der Betrieblichen Gesundheit stets die Notwendigkeit zur Durchführung einer dezidierten Bedarfsbestimmung, Analyse sowie Interventionsplanung, anhand dessen eine betriebsfunktionale Zielsetzung zunächst dargelegt werden könnte.
Nur anhand einer Bedarfsbestimmung und Analyse ist es im folgenden Schritt der Interventionsplanung überhaupt möglich, evidenzbasierte Interventionsmaßnahmen abzuleiten.
Ob es sich um ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse handelt, ist somit jeweils von den konkreten Zuständen des Einzelfalls abhängig.
Sofern ein eigenbetriebliches Interesse besteht, existiert keine Wertbegrenzung zur Gesundheitsförderung. Daher sollte stets zunächst geprüft werden, ob ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse besteht. Wenn dies der Fall ist, handelt es sich nicht um einen geldwerten Vorteil für den Arbeitnehmer und die Leistungen sind insgesamt steuerfrei.
Es wird bereits deutlich, dass eine Vielzahl von Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheit, insbesondere Angebote im Bereich der Betrieblichen Gesundheitsförderung, sofern Sie nicht den Anforderungen der §§ 20 und 20a SGB V genügen, eher ein Entlohnungscharakter haben, als das vorrangig betriebsfunktionale Zielsetzungen verfolgt würden.
Bei ernsthafter Betrachtung zeigt sich schnell, dass Unternehmen, welche sich konkrete Ziele zur Verbesserung der Betrieblichen Gesundheit setzen, wie zum Beispiel eine Senkung des Krankenstandes, eine Reduktion von Langzeiterkrankungen oder die Senkung von Lohnfortzahlungskosten, diese nicht mit einem wahllosen Angebot von Gesundheitsförderungsmaßnahmen erreichen werden.
Bietet ein Unternehmen beispielsweise Sportkurse oder Massagen für seine Mitarbeiter an, so ist kaum begründbar, dass es sich hierbei um ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse handelt, auch wenn die vorgenannten Maßnahmen gegebenenfalls zu einer allgemeinen Verbesserung der Gesundheit der Beschäftigten beitragen können.
Vielmehr handelt es sich in den meisten Fällen um gesundheitsbezogene (lohnsteuerpflichtige) Benefits, welche ein Unternehmen seinen Beschäftigten zusätzlich zur Verfügung stellt, zum Beispiel um sich im Rahmen des Employer Branding als Gesunder Arbeitgeber zu positionieren.
Im Gegensatz hierzu sind hochgradig zielgerichtete Maßnahmen anzuführen, welche im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse sind. Ein praxisbezogenes Beispiel könnte die verpflichtende Teilnahme von ausgewählten Mitarbeitern einer Logistikabteilung an einem individuellen Inhouse-Training zum Thema "Ergonomisches Heben und Tragen" sein, nachdem eine vorherige Analyse ergeben hat, dass ein Großteil der angefallenen Fehlzeiten dieser Mitarbeiter auf Muskel-Skelett-Erkrankungen in Zusammenhang mit der Arbeitsbelastung zurückzuführen ist.
Ein solche Maßnahmen wäre vorrangig dazu notwendig, um den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) zu genügen; ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers kann vernachlässigt werden.
Besteht Unsicherheit, ob die angebotenen Maßnahmen zur Gesundheitsförderung steuerfrei sind oder nicht, ist es empfehlenswert sich eine gebührenfreie telefonische
Auskunft nach § 42e Abs. 1 EStG bei dem zuständigen Betriebsstättenfinanzamt einzuholen und diese schriftlich bestätigen zu lassen.
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Hannes Rehbein, Geschäftsführung