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Hintergrundwissen: Urteil des BFH vom 17.9.1982, AZ.: VI R 75/79
Hintergrundwissen: Urteil des BFH vom 17.9.1982, AZ.: VI R 75/79

Rechtssprechung zur lohnsteuerlichen Behandlung vom Arbeitgeber veranlasster unentgeltlicher Vorsorgeuntersuchungen

Vor über 3 Jahren aktualisiert

Leitsatz

Vom Arbeitgeber veranlaßte unentgeltliche Vorsorgeuntersuchungen seiner leitenden Angestellten führen bei diesen dann nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden.


Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, gewährt nach den betriebsinternen Bestimmungen vom 1. April 1971 über die sog. firmengeförderte Gesundheitsfürsorge ihren Führungskräften als Ergänzung der eigenen Gesundheitsvorsorge regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen. Dabei werden sog. Grunduntersuchungen im Rahmen eines Gruppenvertrages durchgeführt, den die Klägerin mit der Deutschen Klinik für Diagnostik (DKD) in Wiesbaden abgeschlossen hat. Die Grunduntersuchungen finden turnusgemäß alle drei Jahre, bei Mitarbeitern, die das 45. Lebensjahr vollendet haben, alle zwei Jahre statt. Das Untersuchungsprogramm ist zwischen der Klägerin und der DKD im einzelnen festgelegt.

Die Untersuchungen dauern jeweils etwa 1 1/2 Tage. Die Kosten für die Untersuchung werden von der Klägerin getragen und jeweils direkt mit der DKD abgerechnet. Werden über das Untersuchungsprogramm hinausgehende diagnostische Maßnahmen erforderlich, so steht es im Ermessen des Untersuchten, diese auf eigene Kosten vornehmen zu lassen.

Der untersuchte Arbeitnehmer erhält von der DKD einen Befund- und Arztbericht an seine Privatadresse zugesandt. Er hat einen vollen Satz dieser Ausfertigung dem Werksarzt zur Einsicht zu überlassen. Der Werksarzt soll unter Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht -- auch gegenüber dem Vorstand, der Personalabteilung, der Klägerin und den Versicherungsunternehmen -- den Arbeitnehmer in bezug auf eine weitere ärztliche Behandlung beraten.

Nach Nr. 11 der "Bestimmungen zur firmengeförderten Gesundheitsvorsorge" erwartet die Klägerin, "daß die einbezogenen Mitarbeiter von den Versorgungsmaßnahmen regelmäßig und bereitwillig Gebrauch machen". Sie "sieht darin zukünftig die Voraussetzung jeder möglichen und freiwilligen Weiterzahlung der Bezüge im Krankheitsfall über die gesetzlichen Fristen hinaus".

Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung bei der Klägerin wurde festgestellt, daß die Klägerin etwa 1 800 Arbeitnehmer beschäftigt, im Kalenderjahr 1971 für 29 Arbeitnehmer etwa 47 000 DM und 1972 für 31 Arbeitnehmer etwa 50 000 DM für Vorsorgeuntersuchungen in der DKD aufgewendet und diese Beträge nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterworfen hat.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) sah die vorerörterten betrieblichen Leistungen als einen geldwerten Vorteil an die einzelnen Arbeitnehmer an und erließ dementsprechend einen "Haftungsbescheid" gegen die Klägerin. Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1979, 400 veröffentlichten Urteil die Klage im wesentlichen mit folgender Begründung ab:

Die Aufwendungen der Klägerin für die Vorsorgeuntersuchungen seien ein individuell abgrenzbarer geldwerter Vorteil in Form eines Sachbezugs, der zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehöre. Eine lohnsteuerfreie Annehmlichkeit liege nicht vor. Zwar werde eine solche bei der Betreuung von Arbeitnehmern durch einen Werksarzt angenommen. Die Aufwendungen der Klägerin überschritten aber den Rahmen einer Werksarztbetreuung sowohl nach der Art als auch nach der Höhe. Die auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Ausgaben ließen sich trotz des Gruppenvertrages mit der DKD klar abgrenzen. Die Erwägungen des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 24. Januar 1975 VI R 242/71 (BFHE 114, 496, BStBl II 1975, 340), nach dem Aufwendungen eines Arbeitgebers für Kreislauftrainingskuren seiner Arbeitnehmer als steuerfreie Annehmlichkeit anerkannt worden seien, seien auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Im Gegensatz zu jenem Urteilsfall sei hier nicht die Belegschaft insgesamt, sondern nur ein ausgewählter Personenkreis medizinisch betreut worden. Die Untersuchung führe im Streitfall zu einer objektiven Bereicherung der einzelnen Arbeitnehmer; sie habe nicht nur einen ideellen Wert. Zwar sei nicht zu leugnen, daß auch ein betriebliches Interesse an den Untersuchungen gegeben sei; dies sei im Verhältnis zu dem persönlichen Interesse der Arbeitnehmer aber von untergeordneter Bedeutung.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§ 8, 19 des Einkommensteuergesetzes 1971 (EStG), §§ 2, 3 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung 1971 (LStDV). Im einzelnen führt die Klägerin aus: Die Kenntnis der Arbeitnehmer von ihrem Gesundheitszustand sei ideeller Art; sie lasse sich nicht in Geldeswert beziffern, zumal die Arbeitnehmer keinen Einfluß auf Art, Umfang und Durchführung des Untersuchungsprogramms gehabt hätten. Zusätzliche Untersuchungen hätten sie auf eigene Kosten vornehmen lassen müssen.

Zwar könne eine Bereicherung eines Arbeitnehmers auch darin liegen, daß er notwendige Ausgaben erspare. Dies sei aber hier nicht der Fall. Denn ihre Mitarbeiter könnten durch regelmäßige Arztbesuche und Untersuchungen Kenntnis von ihrem Gesundheitszustand erlangen. Dadurch entstehende Aufwendungen zahle in der Regel die gesetzliche oder private Krankenkasse.

Gehe man gleichwohl von einer Bereicherung ihrer Arbeitnehmer aus, so liege dennoch kein Arbeitslohn vor, weil ihre Aufwendungen kein Entgelt für die Dienstleistungen, sondern Annehmlichkeiten seien. Unter diesen Begriff fielen vor allem Leistungen des Arbeitgebers, die dieser ganz überwiegend im eigenbetrieblichen Interesse erbringe. Die Vorsorgeuntersuchungen erfolgten in ihrem eigenbetrieblichen Interesse, was sich in dem mit der Untersuchung verfolgten Ziel und in dem (mittelbaren) Zwang zur Teilnahme dokumentiere. Sie wolle durch die Untersuchungen ein objektives, nach einheitlichen Grundsätzen festgestelltes Gesundheitsbild ihrer leitenden Mitarbeiter erhalten. Durch die Vorsorgeuntersuchungen sollten unvermeidliche Krankheitsausfälle frühzeitig erkannt werden, um der Geschäftsleitung rechtzeitig die notwendigen Dispositionen zu ermöglichen. Dabei beschränke sich der Kreis der untersuchten Personen auf die Mitarbeiter, die Leitungs- und Führungsaufgaben wahrnähmen, da deren Ausfall erhebliche betriebliche Störungen auslöse. Denn diese Personen seien nur schwer zu ersetzen. Daß an den Vorsorgeuntersuchungen ein erhebliches betriebliches Eigeninteresse bestehe, zeige auch der von ihr ausgeübte (mittelbare) Zwang zur Teilnahme an den Untersuchungen; denn wer nicht teilnehme, verliere den Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall über den Zeitraum von sechs Wochen hinaus. Ihr erhebliches Interesse an dem Ergebnis der Untersuchungen werde nicht durch die ärztliche Schweigepflicht beeinträchtigt. Denn nach herrschender Meinung dürfe der Betriebsarzt dem Arbeitgeber ohne Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht das Ergebnis einer ärztlichen Untersuchung mitteilen.

Man könne allgemein davon ausgehen, daß Maßnahmen des Unternehmens für die Gesundheitsvorsorge seiner Mitarbeiter grundsätzlich nicht zur Annahme steuerpflichtigen Arbeitslohnes führten. Zwar verlange der BFH in dem Urteil in BFHE 114, 496 BStBl II 1975, 340, daß die Maßnahmen allen Mitarbeitern angeboten würden. Gerade ihre Führungskräfte seien indessen besonders streßgefährdet und weniger leicht auswechselbar, so daß es im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht liege, deren Gesundheitszustand durch intensive Vorsorgeuntersuchungen zu überprüfen, während für andere Betriebsangehörige die Möglichkeit der Untersuchung durch den Betriebsarzt ausreiche.

Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Haftungsbeträge im Lohnsteuerhaftungsbescheid insoweit zu mindern, als ein geldwerter Vorteil durch die Vorsorgeuntersuchungen angenommen worden sei.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.


Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

1. Es bedarf keiner Entscheidung, ob der angefochtene Bescheid ein "Haftungsbescheid" ist, wie er vom FA bezeichnet wurde, oder ob es sich um einen gegen die Klägerin gerichteten Steuerbescheid (Pauschalierungsbescheid) handelt, wofür sprechen könnte, daß die angesetzten Steuerbeträge nach der Pauschalierungsregelung des § 35 b LStDV ermittelt wurden und daß die Klägerin die Steuer "pauschal übernommen" hat. Denn in jedem Fall setzt die Inanspruchnahme der Klägerin -- gleichgültig, ob als Haftungsschuldnerin (§ 38 Abs. 4 Satz 2 EStG, § 46 Abs. 1 Satz 2 LStDV) oder als Übernehmerin der Lohnsteuer im Pauschalierungsverfahren (§ 42 a EStG, § 35 b LStDV) -- voraus, daß den Arbeitnehmern der Klägerin, die an den Vorsorgeuntersuchungen teilgenommen haben, insoweit Iohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn zugeflossen ist. Dies ist jedoch nicht der Fall.

2. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit (= Arbeitslohn, vgl. § 19 Abs. 3 EStG i. d. F. seit 1975) neben Gehältern und Löhnen u. a. auch "andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung ... im privaten Dienst gewährt werden". Die Bezüge oder Vorteile müssen, um als steuerpflichtige Einnahmen erfaßt werden zu können, Güter sein, die in Geld oder Geldeswert bestehen, und sie müssen dem Arbeitnehmer zugeflossen sein (§ 8 Abs. 1 EStG). Demnach liegt Arbeitslohn vor, wenn dem Arbeitnehmer (1.) Geld oder geldeswerte Güter (2.) für eine Beschäftigung im privaten Dienst (3.) zugeflossen sind (vgl. hierzu im einzelnen Offerhaus, Betriebs-Berater -- BB -- 1982, 1061 ff.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

3. § 8 Abs. 2 EStG zählt die geldeswerten Güter oder geldwerten Vorteile (Einnahmen, die nicht in Geld bestehen) auf, nämlich "Wohnung, Kost, Waren und sonstige Sachbezüge". Es bedarf keiner Entscheidung, ob diese Aufzählung geldeswerter Vorteile abschließend oder nur beispielhaft ist. In jedem Fall bringt § 8 Abs. 2 EStG zum Ausdruck, daß der Arbeitnehmer durch die Zuwendung objektiv bereichert sein muß (so schon BFH-Urteil vom 7. Juli 1961 Vl 176/60 S, BFHE 73, 485, BStBl III 1961, 443). Die Zuwendung muß für ihn einen wirtschaftlichen Wert haben (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juni 1966 VI 261/64, BFHE 86, 642, BStBl III 1966, 607). Lediglich ideelle Vorteile sind folglich keine Einnahmen i. S. von § 8 EStG (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 19. Aufl., § 8 EStG Anm. 5).

Der Senat läßt es dahingestellt, ob im Streitfall der "Vorteil", unentgeltlich untersucht worden zu sein, für den Arbeitnehmer ein im vorstehenden Sinn geldeswertes Gut ist. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob die Arbeitnehmer im Streitfall bereichert wurden, weil sie eine eventuelle Bereicherung jedenfalls nicht "für eine Beschäftigung ... im privaten Dienst" erlangt haben.

4. Der Senat geht insbesondere mit Rücksicht darauf, daß nach seiner Rechtsprechung der Begriff der Werbungskosten (= Ausgaben) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit vom Veranlassungsprinzip geprägt ist (vgl. zuletzt Urteil vom 23. April 1982 VI R 30/80, BFHE 135, 515, BStBl II 1982, 500), davon aus, daß auch für den Arbeitslohn (= Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit) das Veranlassungsprinzip anzuwenden ist. Arbeitslohn setzt deshalb voraus, daß der geldwerte Vorteil durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlaßt ist (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 19 EStG Anm. 56, 58; Klein/Flockermann/Kühr, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 3. Aufl., § 19 Anm. 27; Offerhaus, a. a. O., S. 1062; ähnlich schon BFH-Urteil vom 24. August 1973 VI R 100/71, BFHE 110, 272, BStBl II 1973, 819: "aus Anlaß oder als Ausfluß"; ebenso Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 19 Anm. 77).

Eine Einnahme des Arbeitnehmers muß zwar nicht, um durch das Dienstverhältnis veranlaßt zu sein, eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers sein (vgl. z. B. Weihnachtsgratifikation, Jubiläumszuwendung). Sie ist jedoch nur dann durch das Dienstverhältnis veranlaßt, wenn sie sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung ("für die Beschäftigung") der individuellen Arbeitskraft (Dienste) erweist (vgl. Dietrich, Der Betrieb -- DB -- 1976, 309; Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 19 EStG Anm. 56 und 65, E 84; Offerhaus a. a. O., S. 1064).

Die Arbeitnehmer der Klägerin wurden im Streitfall aber nicht für die Zurverfügungstellung ihrer Dienste unentgeltlich untersucht. Denn die Untersuchungen wurden im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin und deshalb nicht als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Dienste der leitenden Arbeitnehmer durchgeführt. Dies wird schon dadurch deutlich, daß die Klägerin den Personenkreis, der untersucht werden sollte, sowie den Untersuchungsturnus und das Untersuchungsprogramm bestimmt hat. Die Arbeitnehmer konnten also die Untersuchungen nicht beantragen oder häufiger oder weniger häufig, als von der Klägerin vorgesehen, durchführen lassen. Wenn die Arbeitnehmer andere als von der Klägerin mit der DKD vereinbarte Untersuchungen wollten, mußten sie die Kosten dafür selbst tragen. Die Klägerin war es auch, die Wert auf ein objektives, nach einheitlichen Grundsätzen festgestelltes Gesundheitsbild ihrer Arbeitnehmer legte. Deshalb hat sie die Untersuchungen gerade bei einer Klinik ihres Vertrauens verlangt und die Kosten für Untersuchungen durch andere Ärzte nicht übernommen. Daß die Klägerin ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse an den Untersuchungen hatte, ergibt sich auch aus dem mittelbaren Zwang, den sie dadurch ausübte, daß sie finanzielle Nachteile in Aussicht stellte, falls ein Arbeitnehmer sich nicht untersuchen lasse. Das eigenbetriebliche Interesse der Klägerin an den Untersuchungen kommt ferner darin zum Ausdruck, daß der Werksarzt eine Ausfertigung des Untersuchungsberichts erhielt und daß er die Arbeitnehmer ggf. in bezug auf eine weitere ärztliche Behandlung beraten sollte. Unabhängig davon, ob der Werksarzt trotz der ärztlichen Schweigepflicht zur Offenbarung evtl. Krankheiten gegenüber der Geschäftsführung berechtigt war oder nicht (strittig: vgl. einerseits Kierski, BB 1976, 842; Eiermann, BB 1980, 214; Kreuzer, Neue Juristische Wochenschrift -- NJW -- 1975, 2232; andererseits Schimke, BB 1979, 1354), dient die Tatsache allein, daß er die Untersuchungsergebnisse kannte und die Arbeitnehmer bei einer nötigen Behandlung zu beraten hatte, dem Interesse der Klägerin. Denn dadurch war für sie in gewissem Umfang sichergestellt, daß die Arbeitnehmer in einem durch die Untersuchungen evtl. festgestellten Krankheitsfall sich einer Behandlung unterziehen und damit plötzliche Ausfälle aus Gesundheitsgründen seltener sein würden.

Für das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse der Klägerin an den Untersuchungen spricht weiter, daß sich auch die Arbeitnehmer untersuchen lassen mußten, die ihrerseits kein Interesse an den Untersuchungen hatten, da sie sich möglicherweise durch regelmäßige Arztbesuche oder Untersuchungen über ihren Gesundheitszustand im klaren waren. Sie konnten sich nicht den Wünschen und Weisungen der Klägerin, die an einem objektiven und vereinheitlichten Bild über den Gesundheitszustand aller Führungskräfte interessiert war, widersetzen, wenn sie keine beruflichen (Beförderungschancen) und finanziellen (Weiterzahlung der Bezüge im Krankheitsfall) Nachteile erleiden wollten. Darüber hinaus hätten die Arbeitnehmer die Kosten von Vorsorgeuntersuchungen, an denen sie selbst interessiert gewesen wären, vielfach nicht oder doch nicht voll selbst tragen müssen, weil diese Kosten durch private oder gesetzliche Krankenkassen ganz oder zum Teil erstattet oder von diesen übernommen worden- wären. Sie konnten insoweit also kein überwiegend eigenes Interesse an der von der Arbeitgeberin gewünschten unentgeltlichen Durchführung der Untersuchungen haben.

Für ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin spricht im Streitfall vor allem auch die Tatsache, daß die Klägerin nur ihre Führungskräfte -- vom Prokuristen aufwärts -- hat unentgeltlich untersuchen lassen. Denn solche Führungskräfte sind, wie die Klägerin zutreffend vorträgt, schwerer zu ersetzen als andere Arbeitnehmer; ihr plötzlicher Ausfall würde den Betrieb der Klägerin nachhaltiger beeinträchtigen als der Ausfall von weniger herausgehobenen Arbeitnehmern. Hätte die Klägerin auch Arbeitnehmer in weniger herausgehobener Stellung unentgeltlich untersuchen lassen, so hätte dies eher dafür sprechen können, daß sie ihnen, die für sie leichter ersetzbar sind, einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis habe zuwenden wollen. Da sie die Untersuchungen aber auf Führungskräfte beschränkt hat, hat sie ihr eigenes Interesse an den Untersuchungen besonders veranschaulicht. Ob ggf. dann anders zu entscheiden gewesen wäre, wenn die Klägerin innerhalb der Führungskräfte nur einzelnen Arbeitnehmern die unentgeltliche Untersuchung hätte zukommen lassen, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn im Streitfall waren alle Führungskräfte vom mittelbaren Zwang zur Untersuchung betroffen; es haben auch alle davon Gebrauch gemacht.

Zwar kann auch eine aufgezwungene Bereicherung Arbeitslohn sein (Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 19 EStG Anm. 49), wenn es dem Arbeitnehmer freisteht, von dem aufgezwungenen Vorteil Gebrauch zu machen oder nicht (z. B. bei Überlassung einer für die Verhältnisse des Arbeitnehnmers zu großen Wohnung, die dieser gleichwohl voll nutzt). Wird aber einem Arbeitnehmer ein "Vorteil" aufgedrängt, ohne daß er sich ihn, wenn er keine Nachteile in Kauf nehmen will, entziehen kann, so spricht dies gegen die Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn (vgl. Schmidt/Drenseck, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 1982, § 19 Anm. 7 c, S. 1107). Ein auf diese Weise einem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber aufgedrängter Vorteil ist regelmäßig ein Indiz für das Vorliegen eines ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers an der Zuwendung.

5. Da somit wegen des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses der Klägerin an der Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen schon von Gesetzes wegen kein Arbeitslohn der untersuchten Arbeitnehmer vorliegt, stellt sich nicht mehr die vom FG abgehandelte Frage, ob der "Vorteil" der Arbeitnehmer möglicherweise als sogenannte Annehmlichkeit steuerfrei sein könnte.

6. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Deshalb ist die Vorentscheidung aufzuheben.


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Hannes Rehbein, Geschäftsführung

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