Beauftragung des Medizinischen Dienstes (MD)

Welche Möglichkeiten hat der Arbeitgeber zur Beauftragung des Medizinischen Dienstes?

Vor über einer Woche aktualisiert

Gerade wenn es um Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit oder aber auch um den möglichen Verdacht des Lohnfortzahlungsbetruges eines Arbeitnehmers geht, kann von der zuständigen Krankenkasse eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit durch den Medizinischen Dienst verlangt werden.


Der Medizinische Dienst (MD) ist der medizinische und pflegefachliche Begutachtungs- und Beratungsdienst für die gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen in Deutschland. Die Tätigkeiten des Medizinischen Dienst umfassen die Begutachtung und Beratung bei Einzelfällen, wenn die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt werden soll. Darüber hinaus gehört auch die Begutachtung von Pflegebedürftigkeit zur Einstufung in die jeweiligen Pflegestufen.

Wie beauftragen Arbeitgeber den Medizinischen Dienst?

Eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit durch den Medizinischen Dienst kann telefonisch oder schriftlich per E-Mail über die zuständige Krankenkasse des jeweiligen Arbeitnehmers verlangt werden. Eine direkte Beauftragung des Medizinischen Dienstes ist jedoch nicht möglich.


Der Arbeitgeber schildert der Krankenkasse sodann, warum die Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters infrage gestellt wird. Anschließend wird die Krankenversicherung den Medizinischen Dienst einschalten, welcher daraufhin die Begutachtung zunächst auf Aktenlage und im weiteren Verlauf auch mit persönlichen Gutachten einleitet.

Eine Vorschrift, wie lange ein Arbeitnehmer mindestens krankgeschrieben sein muss, um für eine Überprüfung infrage zu kommen, gibt es nicht. Die Krankenversicherung kann dem MD daher auch Fälle von Versicherten zur Begutachtung vorlegen, die häufig für kurze Zeit arbeitsunfähig sind.

Ebenso kann der Medizinische Dienst auch im Sinne der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hinzugezogen werden. Dies ist sinnvoll, wenn der Arbeitgeber der Auffassung ist, dass der Arbeitnehmer zuzüglich der bisherigen ärztlichen Behandlungen noch Unterstützungsbedarfe aufweist, wie zum Beispiel die Integration von Hilfsmitteln sowie spezielle medizinische Untersuchungen oder Rehamaßnahmen.

Welche Informationen erhalten Arbeitgeber vom Medizinischen Dienst?

Die Gutachter des Medizinischen Dienstes unterliegen der Schweigepflicht und dürfen somit nur gefilterte Informationen weitergeben. Nur die zuständige Krankenkasse erhält ein schriftliches Gutachten vom Medizinischen Dienst.

Solange ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes besteht, hat die Krankenkasse dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer das Ergebnis des Gutachtens mitzuteilen, jedoch nur, wenn das Gutachten nicht mit der ursprünglich angezweifelten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung übereinstimmt. Krankheiten oder Diagnosen dürfen dem Arbeitgeber hierbei allerdings nicht mitgeteilt werden.

Wenn das Gutachten des Medizinischen Dienstes von der ursprünglichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Mitarbeiters abweicht, werden zuerst der behandelnde Arzt und die Krankenkasse davon in Kenntnis gesetzt. Kann der Arzt seine Beurteilung nicht begründen, informiert die Krankenkasse den Arbeitgeber darüber, ob oder bis zu welchem Zeitpunkt der Medizinische Dienst die Arbeitsunfähigkeit bejaht. Damit hat der Arbeitgeber einen Nachweis, der seine Zweifel begründet und den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert. Der Arbeitgeber kann allenfalls Schadenersatzansprüche geltend machen, wenn dieser Entgelt gezahlt und der Arzt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch ausgestellt hat.

Kritische Betrachtung der Beauftragung des Medizinischen Diensts

Wünschen Arbeitgeber eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit, sollten diese sich im Klaren sein, dass nur in sehr seltenen Fällen die Beurteilung des Medizinischen Dienstes von der des Arztes abweicht. Arbeitnehmer sind bei der Durchführung eines medizinischen Gutachtens zumeist nicht "auf den Kopf gefallen" und können in aller Regel glaubhaft eine mögliche Erkrankung darlegen.
Auch selbst wenn die Beurteilungen voneinander abweichen, dann handelt es sich lediglich um eine Erschütterung des Beweiswertes der zuvor eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. In einem potenziellen Gerichtsverfahren kann der Arbeitnehmer zur Bekräftigung seiner Arbeitsunfähigkeit den behandelnden Arzt zusätzlich von der Schweigepflicht entbinden und dadurch den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wieder unterstreichen. Im eigenen Interesse des Arztes und dessen weiterer Berufslaufbahn ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dieser im Sinne des Arbeitnehmers und seiner vorgenommenen gesundheitlichen Beurteilung im Sinne der Arbeitsunfähigkeit aussagen wird.

Arbeitgeber sollten sich daher frühzeitig Gedanken darüber machen, ob es sinnvoll ist, den Medizinischen Dienst zu involvieren. Selbst wenn es für den betroffenen Mitarbeiter ohne ernsthafte Konsequenzen bleibt, so handelt es sich doch definitiv um eine ernsthafte Eskalation im Rahmen eines Fehlzeitenmanagements.

Als Arbeitgeber sollten Sie gegenüber Ihrem Mitarbeiter konsequent sein und bei berechtigten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit ihres Mitarbeiters eine Überprüfung anstreben. Dies bedeutet jedoch auch, dass Sie vorab ebenfalls konsequent Ihrer Fürsorgepflicht als Arbeitgeber nachkommen müssen und entsprechend systematisch im Rahmen von Gesundheitsgesprächen die Fehlzeiten Ihres Mitarbeiters nachgehalten haben.

Es ist absehbar, dass Ihr Mitarbeiter die Beauftragung des Medizinischen Dienstes als Angriff auf seine Person werten wird, woraufhin dieser sich mit großer Wahrscheinlichkeit zu seinen Möglichkeiten rechtlich beraten lassen wird; fast zwangsläufig entsteht hieraus ein Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang , welcher zumindest im vollständigen Verlust des Engagements Ihres Mitarbeiters münden wird.

In diesem Kontext ist grundsätzlich auch zu überlegen, ob eine Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer überhaupt noch möglich ist, wenn beispielsweise bereits der Verdacht eines Lohnfortzahlungsbetruges und damit einhergehend auch ein Vertrauensbruch besteht. Seien Sie daher konsequent und ziehen Sie einen Schlussstrich.

Vermeiden Sie Rechtsstreitigkeiten, in dem Sie stattdessen die zukünftige Perspektive des Mitarbeiters intensiv herausarbeiten und alle Möglichkeiten des Outplacements ausschöpfen. Hierzu kann kann unter anderem eine Umschulung oder Versetzung, eine fristgerechte Kündigung, ein Abfindungsangebot, eine Outplacement-Beratung, Altersteilzeit und ähnliche Möglichkeiten dienen.


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